Kultur, Naturpädagogik

Achtsamkeit und der Wald – mit Marianne Dräger

Am diesjährigen „Tag der Erde“ versammelten sich bei tollem blauem Himmel und Sonnenschein 7 Erwachsene und 2 Kinder um die Waldführerin Marianne Dräger, die sich vor kurzem zur Waldführerin an der Waldakademie Wohlleben in Wershofen/Pfalz hat ausbilden lassen.

Die versammelte kleine Gruppe – jung und älter – wollte sich gerne in die Geheimnisse des Waldes und in die Geheimnisse des Lebens unserer Freunde, den Bäumen, einweihen lassen.


Schon von weitem begrüßte uns eine prächtig blühende Kirsche zwischen den Pappeln und Eschen. 


Am Eingang in das ausgewählte Wäldchen um das ehemalige Postmoor hatte die Expertin ein Bild aus Zweigen, Zapfen und Steinen gelegt, um uns auf den Ort einzustimmen.


Ein Sprung oder ein großer Schritt darüber hinweg und wir tauchten alle ein in die Baumreihen, die sich zunächst als so genannte Plantage herausstellte: Anpflanzungen gleichartiger Bäume, die Reihen bilden. 

Neben den jüngeren Buchen, Ahornen, Birken und Eschen, die – bereits zwischen 20 und 40 Jahre alt – rank und schlank himmelwärts streben, sahen wir Eichen, die sicher 300 bis 400 Jahre alt sind. Wenn sie erzählen könnten!


Zunächst bildeten wir Waldspazierer um eine Buche einen Kreis, der den Kronenumfang abbilden und uns zeigen sollte, wie groß das Wurzelwerk des Baumes ist. Wir genossen die Licht- und Schattenspiele auf dem Waldboden, der teilweise von kleinen Placken Gras, blühender Buschwindröschen oder Scharbockskraut durchbrochen war. Im Teppich aus alten Blättern raschelten unsere Schritte. 


Wir erfuhren von einem Kommunikationsnetzwerk des Waldes unter der Erde: Geflechte von dünnem, weißem Wurzelwerk, kilometerlang durch den Boden gewoben, die auch die Baumwurzeln selbst umhüllen und für einen Nährstoff- und somit Informationsaustausch sorgen. Diese Bodenstruktuen lassen ihre Fruchtkörper über der Erde herausschauen – das sind die Pilze. Die Kommunikation der Bäume erfolgt aber nicht nur unterirdisch, sondern auch über Duftstoffe, beispielsweise durch Harze, die die Blüten von Pappeln verströmen. Marianne ließ eine Tüte voller Blüten herumgehen – ein überraschend intensiver Duft.

Dann durften wir uns eine Augenbinde aufsetzen, uns von unserem Partner zu einem bestimmten Baum hinführen lassen und sozusagen blind die Rinde, Astlöcher, Narben, Ausstülpungen, Umfang und Wurzelform ertasten und erspüren. Nach der Rückkehr an den Startpunkt und – wieder sehend – sollten wir diesen Baum wiederfinden. Sehr interessant, dass sich fast alle Teilnehmer über die zurückgelegten Strecken wie auch die Umfänge der Bäume täuschten.


Die Frage nach Beispielen von Tieren, die in, mit und von den Bäumen leben, konnten die Kinder sofort beantworten: Grünspecht, Eichhörnchen und Eichelhäher.

Über die Eichelhäher erzählte uns Marianne eine Besonderheit: sie legen Depots an für den Winter in der Baumrinde der knorrigen Eichen und auch in den Hohlräumen oder Gängen von abgestorbenen Baumteilen.


Wir entdeckten viele Baumstümpfe, trockene und auch von weichem Moos bewachsene und fanden darin inzwischen geleerte Depots. 

Kurz darauf erreichten wir ein Waldxylophon. Reibt oder pocht man nur leicht auf die eine Schnittseite eines Astes, nimmt der Hörer auf der anderen Schnittseite die Geräusche sehr laut wahr.


Neben den wunderschönen Strukturen, die sich in abgestorbenen Hölzern zeigen oder als Fressgänge der Insekten unter der Rinde, zeigte uns Marianne, wie die „Leitungen“ der Bäume unter der Borke auch Luft leiten. Sie bestrich die untere Schnittseite eines Aststücks mit Spülmittel und blies auf der Oberseite in die Leitungen in Rindennähe und siehe da: auf der benetzten Seite schäumte es auf.

Direkt neben dem Waldinstrument fanden die Jungen einen schon sehr ausgeblichenen Hirschschädel. Wir ließen ihn dort.


Auf dem weiteren Weg stoppten wir an einem Triesel, einer Buche, die in 3 Hauptästen wächst und dann ging es für die Gruppe in einen besonders mythisch wirkenden Teil des Waldstücks, das ehemalige Moor. Dazu passte hervorragend das vorbereitete Experiment zur Speicherfähigkeit der Waldpflanzen. Jeder Teilnehmer durfte ein Stück Moos in ein Glas mit Wasser legen, nach ein paar Minuten das Wasser abgießen und überrascht sein, wie viel Flüssigkeit sich aus dem Moos drücken lässt – wie bei einem Schwamm!

In diesem Teil des Waldes lugt der schwarze, weiche Moorboden stellenweise hervor, linkerhand rinnt ein schmales Wasserband mit entsprechendem Pflanzenbewuchs durch das Unterholz. Marianne führte uns durch die mit Moosen und Flechten bewachsenen Baumreihen neben dem Bächlein.


Wir fanden Spuren von Wildschweinen und Damwild. Das Totholz, umgestürzte Bäume in allen Stadien der Umwandlung regten unsere Fantasie an, hier könnten Märchen passiert sein.


Aber auch genau der richtige Ort für eine Teepause. Am Waldrand zeigte sich, dass auch die Windrichtung auf unserer Seite war, denn bei Ostwind hielt sich der Verkehrslärm vornehm zurück. Dann ging es zurück. Neben einer alten Muttereiche setzten wir noch ein paar wurzelnde Eicheln in den weichen Boden des Grenzwalls und hoffen, dass sie durch die Unterstützung des vorhandenen Baumes anwachsen und wir sie als Jungbäume wiedersehen können. 

Mit einer Abschlussrunde endete die Führung. Alle Teilnehmer dankten der Waldführerin Marianne, wir fühlten uns nach dem Gang durch den wunderschönen Wald in der friedlichen Atmosphäre entspannt, geerdet und hatten das wunderbare und hochinformative Naturerlebnis sehr genossen – eine erholsame Auszeit vom Alltag!

Über das Eingangsbild stiegen wir zurück und verließen das Waldstück. Unsere durch den Waldspaziergang aufgefüllten Reservoirs halten hoffentlich noch lange.

Text und Fotos: Carmen Resech

Ein Gedanke zu „Achtsamkeit und der Wald – mit Marianne Dräger“

  1. Vielen Dank für den interessanten Bericht von Carmen über den wunderschönen Tag mit Marianne – einfach toll, was ihr für die Gemeinde macht!!!!